Sven Hieronymus – 50 Jahre lange Haare

Sven Hieronymus – 50 Jahre lange Haare

Der Rocker ist fast richtig alt. Zeit zurückzuschauen, was ihm im Leben so alles passiert ist. Also begibt er sich auf eine Zeitreise durch sein eigenes Leben. Als die Kinder noch klein, die Frau noch nett und er noch hübsch war. Gut, hübsch… lassen wir das.

Er steckt in einer Zeitmaschine und erzählt, wie sein Leben bis heute lief und das erklärt dann auch, warum er so geworden ist. Die besten Nummern von 2010 bis 2020 erzählt er auf neue Weise und doch bleibt alles gleich. Er ist der Depp, die Familie schämt sich schon immer für ihn, aber er gibt nicht auf.

Er erzählt vom Darmröntgen, vom Schüleraustausch, von der Thaimassage und wie es früher auf der Kerb war. Alles echte Geschichten, die niemand erleben will, doch der Rocker geht auf die Bühne und erzählt all das, was anderen Menschen unglaublich peinlich wäre, in der Hoffnung, dass es ihm hilft, das alles besser verarbeiten zu können.

Zwei Stunden Feuerwerk, Comedy und Dummgebabbel, um am Schluss wieder als Zuschauer den Saal zu verlassen mit den Worten: „Weine könnt ich… weine!“

Rolf Miller – Wenn nicht wann dann jetzt

Mit „WENN NICHT WANN DANN JETZT“ wird Rolf Miller eines mit Sicherheit erneut schaffen: elegant stolpernd den Elefanten im Raum zu umgehen. Denn das ist seine Figur: stur wie ein Sack Zement – was nur dank seines Humors erlaubt sein kann. Grandios ignorant, vital dumpf und komplett halbwissend. Wie immer gibt der Comedian stoisch genau den Fels in der Brandung, der mit Zuversicht wegschaut, vollmundig zu wichtigen Themen alles und dabei garantiert nichts sagt; und natürlich alles bemerkt, nur nicht das eigene Scheitern. Je mehr um ihn herum alles zusammenbricht, desto mehr können wir nicht fassen, wie dieser Gockel nicht merkt, was los ist. „Er merkt’s einfach nicht“, würde man im echten Leben sagen.

Zum Glück bleibt dieses gemeingefährliche Vehikel auf einer Bühne.Konträrfaszination“ sagte einst Roger Willemsen dazu: der Betrachter kann herabschauen, wenn er das Dschungelcamp sieht, und sich deshalb ergötzen. Konträr zum Täter. Miller gelingt aber der „schmale Spagat“, wie er es falsch nennen würde; das Vorführen seiner Figur einerseits, aber auch darin spiegelnd unser eigenes Versagen andererseits, darzustellen; zum Glück mit seinen Registern der kaum überhöhten Satire, mit eben genau der Leichtigkeit, die wir von ihm kennen – und deshalb gar nicht gleich bemerken, wie er den Elefanten zumindest betäubt:

„…wenn nicht wann, äh dann … jetzt … also äh … vom Ding her … praktisch..“
Es-genügt-nicht-sich-keine-Gedanken-zu-machen-man-muss-auch-unfähig-sein-sie auszudrücken-Teil 8!!!

Rolf Millers 8. Programm! Spätestens mit „Kein Grund zur Veranlassung“ und „Tatsachen“ gelang der endgültige Durchbruch – mit „Alles andere ist primär“ und „Obacht“ konnte der brillante Satiriker nicht nur anknüpfen, sondern noch mehr Publikum erreichen.